Plastik gefährdet Meere und Menschen auch im Nordatlantik
Mittwoch, 24. Februar 2010, 22:09 Uhr
US-Forscher sind jetzt auch im Nordatlantik auf riesige Flächen von Plastikmüll gestossen. Die grösste Dichte entdeckten sie oberhalb der karibischen Inseln, zwischen 22 und 38 Grad nördlicher Breite. Dort schwammen bis zu 200'000 Plastikstücke je Quadratkilometer auf der Meeresoberfläche. Die meisten hatten nicht einmal einen Zentimeter Durchmesser.
Der Fund wurde von der Organisation Sea Education Association (SEA) bei einem Treffen von Meeresforschern in Portland (US-Bundesstaat Oregon) vorgestellt. SEA-Sprecherin Dr. Lavender Law sagte vor Journalisten, dass die schwimmende Müllhalde im Atlantik mit dem schon länger untersuchten Phänomen im Pazifik («Great Pacific Garbage Patch») vergleichbar ist.
Längste Nachforschungen bisher
Die Ergebnisse vom Atlantik stützen sich auf die bisher längsten und umfangreichsten Nachforschungen in einem Weltmeer, sagte Law. Sie wurden unter anderem von der Woods Hole Oceanographic Institution in der Nähe von Boston durchgeführt. Dafür stachen die Forscher 6100 Mal mit grossen Netzen im Schlepptau in See.
700 Studien durchforstet
Die Gefahren von Kunststoffen für Menschen und Umwelt zeigt der Dokumentarfilm Plastic Planet. Für den Film hat der Österreicher Werner Boote, dessen Grossvater ein Pionier der Plastikindustrie war, jahrelang recherchiert, sich durch 700 Studien gearbeitet, mit Wissenschaftlern, Umweltexperten und Vertretern der Plastikindustrie geredet. Und dabei hat er zahlreiche verwirrende Erkenntnisse zu Tage gefördert.
Müllwirbel im Nordpazifik
So bringt der viele Konsum von Plastik ein ganz zentrales Problem mit sich: Den Abfall. Kunststoff überdauert bis zu 500 Jahre und verschmutzt nicht nur das Festland. Rund 80 Prozent des Mülls gelangt über Flüsse in die Ozeane. Im Nordpazifik hat sich ein riesiger Müllwirbel gebildet, knapp vier Mal so gross wie Deutschland, in dessen Zentrum rund drei Millionen Tonnen Plastikmüll rotieren.
Wie viel Plastik jährlich weltweit tatsächlich hergestellt wird, lässt sich nach Darstellung der Dokumentalisten nur ungefähr schätzen. Man geht von mehr als 200 Millionen Tonnen und wahrscheinlich sogar bis zu 240 Millionen Tonnen jährlich aus.
Ein knappes Viertel des Plastikverbrauchs geht auf das Konto von Europa, wo der jährliche Plastikverbrauch 2008, laut einer Studie von PlasticsEurope, bei 48,5 Millionen Tonnen lag. Gefolgt von Italien und Frankreich ist Deutschland mit einem Bedarf von 11,5 Millionen Tonnen der grösste europäische Markt für Kunststoffe. Wenn man alle Arbeitsplätze einrechnet, die unmittelbar und mittelbar von der Kunststoffherstellung abhängig sind, kommt man auf die Summe von deutlich mehr als 2 Millionen Menschen in Europa.
Gewinn in Europa: 19 Milliarden Franken in 2008
Europäische Plastikhersteller und Verwerter erwirtschafteten 2008 einen Gewinn von umgerechnet rund 19 Milliarden Franken. Dabei sind die Einsatzgebiete vielfältig. Die Einsatzgebiete der Kunststoffe in Europa verteilen sich dabei zu 28 Prozent auf Freizeit und medizinische Zwecke, 6 Prozent werden für Elektronik und Elektrik, 7 Prozent im Automobilsektor und 21 Prozent im Bauwesen verwendet. Den grössten Anteil am Kunststoffverbrauch haben Verpackungen mit 38 Prozent.
Diese für Europa gültigen Zahlen gelten, nach Ansicht der Dokumentarfilmer, sicherlich auch für den Rest der Welt mit eindrücklichen Konsequenzen; denn die Menge an Kunststoffen, die wir seit Beginn des Plastikzeitalters produziert haben, reiche aus, «um unseren gesamten Erdball sechs Mal in Plastikfolie einzupacken».
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