Pharma: 300‘000 Franken in Professoren-Pensionskasse
Pharmakonzerne kaufen sich mit geheimen Verträgen für gesponserte Professuren Einfluss an Schweizer Universitäten – dies zeigen Recherchen der Rundschau. So hat der Pharmalobby-Verband 300000 Franken in die Pensionskasse eines Professoren zum Amtsantritt eingezahlt.
An der Universität Basel sponsert der Pharmalobby-Verband Interpharma den Lehrstuhl für «Gesundheitsökonomie» mit insgesamt rund 7 Millionen Franken. Interpharma redete bei der Ernennung von Professor Stefan Felder mit. Als Antrittsgeschenk zahlte Interpharma gar 300‘000 Franken in die Pensionskasse des Professors ein. Felder sagt im Interview mit der «Rundschau» dennoch: «Ich bin von Interpharma unabhängig und von der Uni Basel angestellt.» Interpharma-Generalsekretär Thomas Cueni schreibt: «Die Mitwirkung bei der Ernennung des Professors wurde von der Uni angeboten.» Zu den Zahlungen für Professor Felders Lehrstuhl und seine Pensionskassen-Gelder erklärt Cueni: «Wir erklärten uns auf Bitten der Universität bereit, einen entsprechenden Zusatz zum ursprünglichen Vertrag zu unterzeichnen.»
Interpharma, Roche, Novartis, Merck Serono - fast alle, die in der Pharmabranche Rang und Namen haben, tauchen in vertraulichen Verträgen mit Schweizer Universitäten und Hochschulen auf.
Die Unabhängigkeit von Lehre und Forschung an Universitäten ist in der Verfassung garantiert. Für Einfluss an angeblich unabhängigen Universitäten greifen die Konzerne tief in die Taschen: die Verträge reichen von 450‘000 Franken jährlich bis zu 12,5 Millionen über 25 Jahre Laufzeit.
Die der «Rundschau» vorliegenden Verträge mit den Universitäten Basel, Bern und der eidgenössisch technischen Hochschule Lausanne, EPFL waren bisher unter Verschluss – dank dem Öffentlichkeitsgesetz mussten Universitäten ihre brisanten Verträge mit der Pharmaindustrie heraus geben.
Merck-Serono-Vertrag: «Änderungen am Forschungsresultat»
Besonders weit geht der Vertrag für 3 bezahlte Lehrstühle der ETH Lausanne (EPFL) mit dem deutschen Pharmakonzern Merck Serono. 12,5 Millionen Franken zahlt Merck Serono für Lehrstühle der Neurowissenschaft, Medikamentenabgabe und Onkologie. Dafür erhält der Konzern weitgehende Rechte, die die Unabhängigkeit der universitären Forschung gefährden. Der Vertrag sieht vor, dass Professoren ihre Forschungsresultate der Pharmafirma alle 3 Monate vorlegen müssen. Passt der Medikamentenfirma ein Forschungsresultat nicht, kann Merck Serono sogar «akzeptable Änderungen» an der Publikation der Forschungsresultate verlangen.
EPFL-Sponsoringchef Jérôme Grosse beteuert im «Rundschau»-Interview: «Im Alltag sind die Forscher unabhängig.» Er muss aber eingestehen: «Vielleicht würden wir einen solchen Vertrag heute nicht mehr abschliessen.»
In einem Statement, dass die EPFL kurz vor der Sendung noch nachgereicht hat, hält sie Folgendes fest: Es bestehe eine Berechtigung von Merck, die Publikation von Forschungsresultaten abzuändern, aber dies gelte nur für bezahlte Mandatsforschung , die es neben dem gesponsorten Lehrstuhl gibt.
Merck verteidigt die Berechtigung, die Publikation von Forschungsresultaten abändern zu können. Diese beziehe sich jedoch «ausschliesslich auf die wissenschaftliche Veröffentlichung von Ergebnissen der Lehrstuhl-Teamprojekte.» Merck-Sprecher Gangolf Schrimpf hält dennoch fest: «Wir respektieren, wahren und unterstreichen explizit die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre.»
Die Einflussnahme bei der wissenschaftlichen Veröffentlichung von Forschungsergebnissen betreffe vertrauliche Informationen sowie relevante Ergebnisse betreffend Patenten.
Staatsrechtsprofessor Müller: «Massiver Eingriff in Unabhängigkeit»
Der Berner Staatsrechtsprofessor Markus Müller reagiert empört. Er sagt im «Rundschau»-Interview: «Solche Deals mit privaten Pharmafirmen beeinträchtigen die Unabhängigkeit der Schweizer Universitäten massiv. In der Verfassung ist die Unabhängigkeit der Universitäten jedoch festgelegt.»
SFR, Mittwoch, 20. April 2016
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Apple knickt im «NY Times»-Streit vor China ein
Die «NY Times» hatte Artikel veröffentlicht, in denen es um den Reichtum von Chinas Regierungsmitgliedern ging.
Apple entfernt auf Gesuch von Chinas Behörden seit dem 23. Dezember 2016 sowohl die englisch- als auch die chinesischsprachigen Apps der US-Zeitung aus iTunes in China.
«New York Times» kritisiert:
Das Anliegen der Behörden sei «Teil eines breiter angelegten Versuchs, Leser in China am Zugang zur unabhängigen Berichterstattung der ‹New York Times› über dieses Land zu hindern».
Die «New York Times» bittet Apple, den Schritt zu überdenken.
Die chinesische Regierung begann 2012 damit, einzelne Artikel der «New York Times» zu blockieren. Zuvor hatte diese mehrere Berichte veröffentlicht, in denen es um den Reichtum ging, den die Familie des damaligen Ministerpräsidenten Wen Jiabao angehäuft haben soll.
SRF 6. Januar 2017
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Die Zahl chinesischer Firmenübernahmen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht - sowohl von der Anzahl der gekauften Firmen als auch vom Finanzvolumen her. Investoren aus China und Hongkong übernahmen von Januar bis Ende Oktober insgesamt 58 deutsche Firmen - 19 mehr als im Gesamtjahr 2015, wie die Unternehmensberatung EY (Ernst & Young) ermittelt hat.
Noch weit eindrucksvoller ist jedoch die Summe, die chinesische Investoren in diesem Jahr für Firmenkäufe in Deutschland bereits ausgegeben haben: 11,6 Milliarden Euro, gut 20 Mal soviel wie 2015 und mehr als in sämtlichen Vorjahren zusammen.
Drei Deals allein schlagen nach der EY-Untersuchung mit gemeinsam mehr als sieben Milliarden Euro zu Buche: die Übernahme des Augsburger Industrieroboterherstellers Kuka (4,6 Milliarden), des Münchner Maschinenbauers KraussMaffei (1,0 Mrd) und von EEW (1,6 Mrd), einem Hersteller von Müllverbrennungsanlagen in Göppingen.
"Die Übernahmen durch chinesische Investoren haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen", sagt Kai Lucks, Fachmann für Firmenübernahmen und Vorsitzender des Bundesverbands Mergers & Acquisitions. "Dagegen gibt es in China nur wenige Übernahmen durch deutsche Firmen. Die Situation ist asymmetrisch."
Dabei hätten auch Deutsche grosses Interesse an chinesischen Firmen, meint der frühere Siemens-Manager. "Durch eine Übernahme gewinnt man eine Vertriebsplattform, Management und Mitarbeiter." Oft gebe es schwer nachvollziehbare Ad-hoc-Verbote oder Gegenwind, "deutsche Unternehmen werden dadurch bei Übernahmen in China behindert", sagt Lucks. "Die Politik sollte auf Symmetrie achten."
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