Dürre im Mittelmeerraum WWF-Bericht 2008
Bereits im ersten WWF-Bericht aus dem Jahr 2006 über Dürreperioden und deren Auswirkungen auf die Mittelmeerregion wurden die betroffenen Länder zum Handeln im Bereich des Wassermanagements
und der Wasserpolitik aufgefordert. Dennoch haben sich die Dürren und deren Auswirkungen seither kontinuierlich verschlimmert - mit schwerwiegenden Folgen für die natürlichen Ressourcen und die ökologische Vielfalt, aber auch für die Lebensqualität in den betroffenen Regionen, die örtliche Wirtschaft und den Tourismus.
Das Scheitern der Politik
Nach der Auswertung der relevanten nationalen und regionalen Untersuchungen und Berichterstattung kommt die neue WWF-Studie „Neueste Entwicklungen – Dürre im Mittelmeer“ zu dem Schluss, dass
die zunehmende Wasserknappheit in der Region, beschleunigt durch die Auswirkungen des Klimawandels, zu einer ernsthaften Bedrohung für den ökonomischen Wohlstand und die ökologische Vielfalt
der Mittelmeerregion werden wird. Die Politik muss sich dieser Herausforderung stellen und ist daher zu unverzüglichem Handeln aufgerufen. Bisher haben es weder die EU Gesetzgebung, insbesondere
die Wasserrahmenrichtlinie, noch internationale Vereinbarungen und Übereinkommen wie etwa der „Plan Bleu“ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, der Barcelona Prozess oder die Mittelmeerstrategie von 2005 geschafft eine massgebliche Verbesserung des Wassermanagements und der Landnutzung herbeizuführen.
Wassermanagement basiert auf illegaler Nutzung
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich der Wasserverbrauch der Landwirtschaft verdoppelt und wächst weiter an, während gleichzeitig wenig unternommen wurden um die Effizienz der Bewässerungstechnologie zu steigern. Regionale Pläne zur Landnutzung wurden ebenso wenig entwickelt oder umgesetzt und so schreitet die Übernutzung und Landschaftszerstörung ungehindert fort. Aktuell basiert das Wassermanagement sowohl in der Landwirtschaft als auch in anderen Sektoren häufig auf illegaler Wassernutzung. Dabei wird durch die übermässige Grundwasserentnahme der natürliche Wasserhaushalt direkt und langfristig geschädigt. Noch immer werden grosse Staudämme und Stauseen, als Lösungen der Wasserbewirtschaftung gesehen, obwohl sie nicht in der Lage sind, das Problem aus einer steigenden Nachfrage nach Wasser einerseits und der abnehmenden Verfügbarkeit - bedingt durch den Klimawandel - andererseits zu lösen. Hinzu kommt, dass Umleitungen von Wasser sowie der Transport mit Schiffen an Bedeutung gewinnen. Ausserdem werden Entsalzungsanlagen als universell gültige Lösung von Versorgungsproblemen betrachtet, obwohl die damit verbundenen Kosten sicher besser in eine effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft investiert werden könnten. All diese technischen Antworten helfen, die Symptome abzumildern. Sie können aber nur in den wenigsten Fällen die zu Grunde liegenden Probleme von Wasserknappheit und Missmanagement beheben.
Folge: Wasserverschmutzung und Mangel
Als Folge des bisher gescheiterten, weil nicht vorhandenen Wassermanagements stehen Wasserqualität und -quantität auf dem Spiel. Mängel in der Wasserbewirtschaftung führten beispielsweise in
Nordafrika zu erheblicher Wasserverschmutzung und kontinuierlicher Zerstörung von Gewässerökosystemen.
Nach Angaben des „Plan Bleu“ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen haben bereits heute 30 Millionen Menschen im Mittelmeergebiet keinen Zugang zu Trinkwasser. Der zunehmende
Bedarf durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum wird die Situation in Nordafrika noch weiter unter Druck setzen.
WWF-Forderungen
Der WWF fordert die Europäische Kommission, Regierungen und Wirtschaft zum sofortigen Handeln auf und mahnt zugleich ein stärkeres Bewusstsein der Konsumenten an. Es bedarf dringend einer
konsequenten Umsetzung der vorhandenen Gesetze und Richtlinien, wie der Wasserrahmenrichtlinie, eine an den vorhandenen Wasserressourcen ausgerichtete Planung, kostendeckende Wasserpreise für alle Sektoren, und umfangreiche Bedarfsanalysen für Entsalzungsanlagen, Wassertransfers und die Planung von bewässerter Landwirtschaft, bevor eine jegliche Entscheidung zum Bau von Infrastrukturen oder jegliche zusätzliche Wassernutzungsgenehmigung vergeben und bewilligt wird. Gegenwärtig wird auf europäischer Ebene viel Energie in die Entwicklung einer spezifischen Politik
und Strategie für Wasserknappheit und Dürre im Mittelmeerraum gesteckt, anstelle sich auf eine effektive Umsetzung und Stärkung der bereits existierenden und verankerten Rechtsvorschriften, wie
z.B. der Wasserrahmenrichtlinie oder der Umweltrichtlinien der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (CAP) zu konzentrieren. Dieses Vorgehen ist jedoch nichts weiter als ein Hinauszögern effektiver und
verbindlicher Gegenmassnahmen.
Nicht die einfache Versorgung, sondern eine klare Erfassung des Wasserbedarfs muss die Grundlage für die Bewirtschaftung der Ressourcen bilden. Dies verlangt zudem einen Wandel in der Subventionspolitik. Wasserverfügbarkeit und die Auswirkungen des Klimawandels sollten grundlegende Bedingungen sein, an die die Vergabe von EU Landwirtschafts-Subventionen geknüpft wird, einschliesslich wirksamerer Kontrollmechanismen zur Verhinderung von illegaler Wassernutzung.
Zudem fordert der WWF die Aufstellung von regionalen Raumordnungs- und Agrarentwicklungsplänen als Rahmen für die nachhaltige, ökonomische Entwicklung im ländlichen Räumen, die gleichermassen die natürlichen Bedingungen, die Verfügbarkeit von Ressourcen, die sozialen Bedürfnisse sowie die ökonomischen Potentiale berücksichtigt.
„Gesunde“ natürliche Ökosysteme können einen wichtigen Beitrag leisten, dass Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge bereitgestellt wird. Der Erhalt und die Renaturierung dieser Wasser-
Lebensräume (Flüsse, Feuchtgebiete und Flussauen) sind essentiell zur Sicherung der Wasserressourcen und zur Minderung der Auswirkungen von Dürreereignissen und sollten integraler Bestandteil von
Wassermanagementplänen sein.
dorothea.august@wwf.de
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